Recruiting Controlling erfährt Nachfrage von unerwarteter Seite

image Ratingagenturen bewerten Recruiting-Qualität in der Bonitätsprüfung – ein Gastartikel von Wolfgang Brickwedde vom Institute for Competitive Recruiting.

Controlling oder Erfolgsmessung im Recruiting, bisher auch schon auf Platz 2 der in diesem Jahr wichtiger gewordenen Themen in der ICR Studie „Quo Vadis Recruiting 2010?“, erfährt eine Aufmerksamkeit von unerwarteter Seite.

Ratingagenturen haben den Zusammenhang zwischen einer effektiven Talentpipeline und dem Unternehmenserfolg entdeckt und berücksichtigen dies in ihren Ratings.

Inwiefern hat das Einfluss auf das Recruitment?

Nicht erst seit dem Fall Griechenlands ist die Macht der Ratingagenturen bekannt. Was passiert bei einem Rating? Die Bonität eines Schuldners (Staat oder Unternehmen) wird anhand von verschiedenen Kriterien überprüft. Ist die Bonität gut, muss der Schuldner weniger Zinsen für seine Kredite zahlen als wenn die Bonitätsprüfung schlechter ausfällt. Unternehmenschefs sind daher sehr an einer guten Bonität interessiert und fürchten vielleicht sogar das Urteil von Ratingagenturen.

Bisher fehlte dem Zugang zum Markt der Talente neben den grundsätzlichen Bekenntnissen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und einiger vorausdenkenden Aktivitäten noch der Ausdruck der finanziellen Bedeutung einer funktionierenden Talentpipeline.

Wenn Unternehmen in Zukunft mehr Zinsen für ihre Kredite zahlen müssen, weil sie nachweisliche Schwierigkeiten beim Zugang zu Talenten haben, dann ist diese Herausforderung gelöst.

Ratingagentur Moody’s startet mit Fokus auf Talent

Moody’s, eine der weltweit führenden Ratingagenturen, veröffentlicht Ratings, Research und Risikoanalysen zu festverzinslichen Wertpapieren und deren Emittenten. Insgesamt werden von Moody’s Verbindlichkeiten mit einem Volumen von über 35 Billionen US-Dollar bewertet.

In einer kürzlich erschienen Studie für den Gesundheitssektor zu den Treibern für Profitabilität, hat Moody’s auf die direkte Verbindung zwischen Profitabilität und dem Erfolg in den Bereichen Recruitment und Retention hingewiesen. Die Autorin der Studie, Lisa Goldstein von Moody’s, schrieb, dass eine effektive Fokussierung auf die Qualität in diesen beiden Bereichen:

“den Marktanteil erhöhen, die Fähigkeit neue Mitarbeiter zu finden und zu halten verbessern, die Fluktuation verringern und das finanzielle Ergebnis verbessern kann”

Diese Aussage unterstreicht die klare Verbindung zwischen Recruiting und Profitabilität und hebt die Bedeutung für zukünftige Ratings hervor.

Diese Entwicklung ist einerseits gut, da Recruiting stärker ins Rampenlicht gerückt wird, andererseits steigen auch die Anforderungen an die Transparenz und die Erfolgsnachweise im Recruitment.

Was kann ein Recruitmentverantwortlicher heute schon tun?

Ein Recruitmentverantwortlicher, der proaktiv und strategisch agieren will, und seine Zukunft und die seiner Abteilung gestalten möchte, ist gut beraten, rechtzeitig benchmarkfähige Erfolgsmessgrößen festzulegen, zu implementieren, zu monitoren und zu managen. Statt zu warten, bis der Vorstand, aufgeschreckt durch die neue Komponente in Ratingverfahren, zu ihm oder ihr kommt und nach Zahlen über die Wettbewerbsfähigkeit der Talentpipeline verlangt (…und zwar gestern!), sollte der Prozess und die Qualität des Outputs so schnell wie möglich aktiv gestaltet werden. Nur so können Erfolge rechtzeitig auch in der internen Kommunikation nachweisbar und glaubwürdig „verkauft“ werden und der Vorstand kann diesen Punkt beruhigt abhaken und sich wieder anderen Herausforderungen zuwenden.

Konkret könnten diese Aktivitäten hilfreich sein:

A. Setzen Sie die Erfolgsmessung im Controlling ganz nach oben auf Ihre Agenda.

Stellen Sie eine Projektgruppe zusammen – unter Einbeziehung von Controllern-, damit Sie für diesen neu erforderlichen Transparenz- und Controllingbedarf vorbereitet sind.

B. Zeigen Sie, dass Ihr Unternehmen Zugang zum Talentmarkt hat, um den zukünftigen Erfolg des Unternehmens zu unterstützen.

Entwickeln Sie benchmarkfähige Erfolgsgrößen, die nicht nur die Produktivität sondern auch die Qualität Ihrer Recruitingaktivitäten messen.

C. Zeigen Sie den Zusammenhang zwischen einer Verbesserung des Recruitments und der Ergebnisse im Business auf.

Entwickeln Sie Korrelationen (noch nicht Kausalitäten) zwischen Verbesserungen Ihrer Key Performance Indikatoren mit Verbesserungen z.B. im Vertrieb oder der Kundenzufriedenheit.

D.Zeigen Sie den Einfluss des Recruitments auf die Gewinn und Verlustrechnung Ihres Unternehmens.

Lernen Sie die „Controller-Sprache“! Beschäftigen Sie sich damit, wie die Ergebnisse Ihrer Recruitingaktivitäten die Kosten oder den Umsatz Ihres Unternehmens beeinflussen. Wie wäre es z.B. mit Aussagen wie „Unser gutes Employer Branding hat uns letztes Jahr 3,2 Mio € durch vergleichsweise geringere Wechselprämien eingespart“ Oder „ Der ROI von jedem neu eingestelltem Mitarbeiter betrug 42 % letztes Jahr“.

E.Kommunizieren Sie Erfolge im Recruitment intern.

Positionieren Sie Ihre Aktivitäten intern als kompetenten und qualitativ hochwertige Beitrag zum Unternehmenserfolg. Arbeiten Sie mit Testimonials zufriedener Kunden, berichten Sie regelmäßig über Ihre Fortschritte gegenüber gesetzten Zielen z.B. in einem regelmäßigen Newsletter an oder in Meetings mit Ihren Kunden. Bringen Sie Ihre Themen ins Intranet oder in der Unternehmenszeitung

Rückblick 2010 und Ausblick 2011

Mit den zukünftigen Anforderungen seitens der Ratingagenturen konfrontiert, steht der Zugang zu Talenten für den Geschäftserfolg weiter oben auf der Tagesordnung der Unternehmensleitung als bisher und Recruitment damit deutlich stärker im Fokus als früher.

Recruiting Controlling war 2010 schon auf Platz 2 der wichtiger gewordenen Themen in der ICR Studie „Quo Vadis Recruitment 2010?“. Mit Spannung werden die Ergebnisse der im Januar startenden Neubefragung „Quo Vadis Recruitment 2011?“ erwartet.

Die Aufgabe für die Recruitmentleitungen ist es, nachzuweisen, dass das Unternehmen ein Magnet für Talente ist, das es bessere Mitarbeiter hat, behalten kann und weiterhin bekommt als die Konkurrenz und das das Recruitment mit seinen Aktivitäten zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. War die Motivation, diesen Nachweis über ein geeignetes Recruiting-Controlling zu erbringen, bisher von der Neigung, dem Anspruch und den Fähigkeiten der Recruitmentleitung abhängig, so ergibt sich jetzt eine externe Notwendigkeit.

Für kompetente Recruitmentabteilungen eine sehr gute Chancen, Ihre Qualität zu beweisen. Für alle anderen eine neue Herausforderung, die sie möglichst schnell anpacken sollten.